Neuere Techniken

Skilauf

Im Folgenden wird das „Parallele Grundschwingen" (PGS) dargestellt. Das PGS wird als Basisform des Schwingens auf Ski angesehen, von dem aus im weiteren Verlauf alle erwünschten Techniken leicht erlernt werden können. Demgegenüber steht der Basisschwung des Snowboardens, der im Anschluss erörtert wird. Zudem werden in jedem Absatz die Parallelen zwischen Skilauf und Snowboarden beschreiben.

Der alpine Skilauf wird auf den Pisten durch viele unterschiedliche Techniken repräsentiert. Im Prinzip fährt jeder, der die Skipiste bewältigen kann, eine der über 100 verschiedenen Techniken. Meist weiß der Laie nicht, wie die von ihm gefahrene Technik heißt und wie er sie noch perfektionieren kann. Die überwiegende Zahl der Skiläufer ist mit den Techniken, die sie beherrschen, zufrieden und erfreut sich an der Bewegung als solche. Das Erlernen neuer Techniken wird vielfach mit Skepsis betrachtet, da die Lernprozesse von vielen Skifahrern als zu langwierig angesehen werden. Dies war unter anderem ein Grund für die Anlaufschwierigkeiten gegenüber den in den 90er Jahren aufkommenden Carving-Skiern. Einige Kritiker bemängelten die gestiegene Verletzungsgefahr und eine höhere physische Belastung bis hin zu Behauptungen, die taillierten Ski seien nur mit dem Erlernen einer neuen Technik fahrbar. Es zeigte sich jedoch, dass auch mit altbewährten Techniken taillierte Ski beherrschbar sind und die Umstellung auf eine geringfügig modifizierte Technik schnell erlernbar ist.

 

In dem bis vor kurzem aktuellem deutschen Lehrplan wurde noch immer das „Parallele Grundschwingen" als Technikleitbild gelehrt. Diese Technik des parallelen Schwingens soll der Schüler als Basis erlernen und auf ihr weitere Techniken aufbauen. Sie soll in „allen Situationen einen flüssige und rhythmische Fahrweise ermöglichen"101, in manchen Situationen ist allerdings ein sinnvolles Abändern der Grundform notwendig.

Der Bewegungsablauf im einzelnen:

Der Körper wird aus einer mittleren Position bei parallel, offener Skiführung gestreckt. Involviert sind bei dieser Bewegung vorwiegend die Knie-, Hüft- und Sprunggelenke. Der Körper wird bei dieser Streckbewegung vorkurveneinwärts in den Schwung und etwas um die Körperlängsachse vorausgedreht. Während dieser Streckphase wird der kurveninnere Stock unterstützend, nahezu beiläufig in den Schnee gesetzt und der Körper fährt in Kurvenlage an ihm vorbei. Die nachfolgende Beugung des Körpers ist durch ein Einwärtsdrehen des Außenbeins gekennzeichnet.103 Dadurch wird zum einen der Außenski gedreht und zum anderen „der Fuß auf die Innenseite gekippt", was das Kanten des Außenskis bewirkt bzw. verstärkt. Die Belastung ist auf dem kurvenäußeren Ski. Die Arme werden bei der Schwungsteuerung leicht angewinkelt und etwas seitlich vor dem Körper geführt.

Der Schweizerische Interverband für Skilauf beschreibt hinsichtlich der Körperrotation, dass das rutschende Drehen der Ski durch Orientieren-Drehen des ganzen Körpers in Schwungrichtung unterstützt wird 105 und „nebst dem Kippen kann die Auslösung durch betontes Orientieren-Drehen des Oberkörpers (Drehspannung) in die neue Schwungrichtung unterstützt werden."

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die folgenden vier Tools des Skiläufers maßgeblich sind:

die Bewegung um die Körperlängsachse (Rotation)

die Vertikalbewegung

die Gewichtsverlagerung in Fahrtlängsrichtung und

die Kurvenlage und das Kanten

Welche dieser vier Komponenten nun stärker oder weniger stark in einem Schwung verwendet wird, muss situativ entschieden werden. Bewegt der Skiläufer sich z.B. in steilerem Gelände, wird der Vertikalbewegung mehr Aufmerksamkeit geschenkt.

 

Aber nicht nur die Geländeform ist entscheidend für die Wahl und Intensität des Gebrauchs dieser Tools, sondern auch die Verbände und deren Technikleitbilder. Letztendlich ist es aber der Skiläufer selbst, der die für sich in dieser Situation erforderliche und Spaß bringende Technik, mit ihren spezifischen Ausprägungen der Tools, wählen muss...(weiter im Buch)

 

Snowboarden

Die Technik, oder besser gesagt die Technikleitbilder des Snowboardens, sind vielgestaltig. „Snowboarding ist eine Sportart, die in der freien Natur und nicht unter standardisierten Bedingungen stattfindet, enge Technikformen sind daher hinderlich."

Der Deutsche Snowboard-Lehrplan beinhaltet drei Technikleitbilder:

1. Das Schwingen mit Beugen der Beine

2. Das Schwingen nach Vorausdrehen

3. Das Schwingen mit Strecken der Beine

Die Erfahrungen haben gezeigt, dass Snowboarden im Anfängerbereich am effektivsten mit einer der beiden ersten Technikleitbilder als Zielform erlernt werden kann.

Schwingen mit Beugen der Beine

In der Schrägfahrt wird durch Strecken der gebeugten Hüft-, Knie- und Sprunggelenke die Basisposition (achsenparallel, Körperschwerpunkt gesenkt) aufgelöst. Dabei wird sich über das vordere Bein vor-talwärts aufgerichtet. Das Snowboard stellt sich flach und wird durch das Einnehmen der Kurvenlage umgekantet. In der nun anschließenden Steuerphase erfolgt ein dosiertes Beugen der zuvor gestreckten Gelenke. Bei einem Frontside-Turn muss je nach Härte des Schuh-Bindungssystems entweder ein aktives Drücken des Schienbeins gegen den Schuhschaft oder ein Kontrahieren der Wadenmuskulatur erfolgen, um das Board aufgekantet zu lassen. Bei einem Backside-Turn muss der Hartschalenschuhfahrer die Unterschenkel gegen den hohen, steifen Schuhschaft vor-kurveneinwärts drücken. Der Softbootfahrer muss aufgrund eines etwas anderen Bindungswinkels auf dem Board und einer geringeren Steifigkeit der Schuhe, mit Muskelkraft die Zehenspitzen anziehen und dadurch die Back-Side-Kante mehr aufkanten. Dabei werden beide Knie ebenfalls vor-kurveneinwärts bewegt.  Während des Steuerns wandert das Körpergewicht vom vorderen wieder weiter zurück auf das hintere Bein und ist schließlich auf beiden Beinen gleich verteilt.

 

Das „Schwingen mit Beugen der Beine" beinhaltet, ähnlich wie das PGS, eine Hochbewegung als Schwungeinleitung und ein Tiefgehen während der Schwungsteuerung. Die Knie werden bei beiden Sportarten vor-kurveneinwärts gedreht. Die Ähnlichkeiten zum „Parallelen Grundschwung" des Skilaufs wird im weiteren Verlauf noch detaillierter dargestellt.

Die verwendeten Tools beim „Schwingen mit Beugen der Beine" sind:

die Vertikalbewegung,

die Gewichtsverlagerung in Fahrtlängsrichtung und

die Kurvenlage und das Kanten

Schwingen nach Vorrausdrehen

Der deutsche Snowboardlehrplan beschreibt diese Technik als ein „gedriftetes und kontrolliertes Schwingen auf flacher präparierter Piste, bei dem Rumpf und Hüfte in Schwungrichtung vorausgedreht werden." Die Ausbildungsinhalte des DSV (Deutschen Ski Verbands) nennen dieses Technikleitbild meist nur im Zusammenhang mit Anfängern, die beim Schwingen mit Beugen der Beine Schwierigkeiten haben. Es handelt sich um die einfachste Form einen Schwung zu fahren und wird deshalb auch „Basisschwung" genannt. In späteren Leistungsstufen soll der Snowboarder in funktional, achsenparalleler Haltung schwingen.

Die Technik wird wie folgt beschrieben: Der Snowboarder steht in Basisposition auf dem Board. Zu Beginn des Schwunges werden Rumpf und Hüfte in Schwungrichtung vorausgedreht. Hierbei hat das Tempo der Körperdrehung Einfluss auf den Kurvenradius. Eine schnelle Körperrotation bewirkt einen engeren Kurvenradius. Während des Vorausdrehens wird das Gewicht auf den vorderen Fuß und schwungeinwärts verlagert. Liegt das Board flach auf dem Schnee auf, wird die Rumpfdrehung beendet und die Drehung wird auf Beine und Board übertragen. Darauf folgt das Umkanten des Snowboards durch die Gewichtsverlagerung und ein beidbeiniges Belasten des Snowboards zum Aussteuern des Schwunges.

Dem Vorausdrehen soll kein schwunghaftes Herumreißen der unteren Extremitäten folgen, sondern eine, wie KUCHLER es nennt, „Verdrillung" des Körpers entstehen, die die Beine folgen lässt. Etwas anders ausgedrückt bedeutet dies, dass die eingenommene Körperhaltung über verdrehte Muskelschlingen versucht, sich wieder auszurichten und durch Blockieren der oberen Extremitäten die unteren gezwungen sind zu reagieren.

„Das Schwingen nach Vorausdrehen" erinnert an die eben schon, als mögliche Körperrotation im Skilehrplan erwähnte, Variationsmöglichkeit innerhalb des PGS. Ebenso fuhren schon SEELOS, ALLIAS und die Schweiz mit einer „Vorrotation" oder einem „Vortiefschrauben". Die Verwandtschaft der Sportarten wird immer klarer.

Die hier zum Einsatz kommenden Tools sind:

eine Bewegung um die Körperlängsachse (Rotation),

die Gewichtsverlagerung in Fahrtlängsrichtung und

die Kurvenlage und das Kanten.

Das Toll „Vertikalbewegung" wird im Zusammenhang mit dem „Schwingen nach Vorausdrehen" nicht erwähnt.

Schwingen mit Strecken der Beine

Das dritte Technikleitbild im „Deutschen Snowboard- Lehrplan" ist das „Schwingen mit Strecken der Beine". Diese Technik wird jedoch erst nach dem Erlernen einer der beiden erstgenannten Techniken ...(weiter im Buch)

Snowboard-Techniken: Diskussion und Vergleich

HEBBEL - SEEGER vereint die beiden erst genannten Technikleitbilder in der Anfängerschule. Er beschreibt im Zusammenhang mit dem Grundschwung, dass bevor das Board tatsächlich plan auf dem Schnee aufliegt, ... (weiter im Buch)

Ebenfalls eine Vertreterin der Vorrotation des Oberkörpers ist die dreifache Weltmeisterin, erfolgreichste Snowboard-Wettkämpferin der Welt und Gründungsmitglied des DSDV-Lehrteams Petra MÜSSIG. Sie beschreibt kurz - aber auf den Punkt gebracht - den Basisschwung. Oberkörper und Kopf sollen in fließender, nicht zu schneller Bewegung immer weiter in die neue Richtung gedreht werden und das Board folgt der Oberkörperbewegung...(weiter im Buch)

Es ist zu erkennen, dass verschiedene Meinungen über den Basisschwung im Snowboarden bestehen. Deutlich ist aber, dass es ein gedrifteter Schwung ist, der zu Beginn gelehrt wird und auf dem, vergleichbar dem PGS, alle weiteren Schwünge aufbauen.

Da aus verschiedenen Lehrbüchern Technikerläuterungen gegeben wurden, werden die wesentlichsten Punkte nochmals festgehalten und ggf. miteinander kombiniert:

eine entspannte, nicht verkrampfte und bequeme Haltung auf dem Board mit leicht gebeugten Hüft-, Knie- und Sprunggelenken (Basishaltung),

die Arme sind leicht angewinkelt etwas seitlich ruhig vor dem Körper gehalten,

Blick voraus,

Vor-Hochbewegung,

Vorausdrehen des Oberkörpers, mit Auswirkung auf die Beine und auf das Board,

Einnehmen der Kurvenlage,

dosiertes Tiefgehen während der Steuerphase,

beidbeiniges Belasten des Snowboards in der zweiten Hälfte des Schwunges,

achsenparelleles und nicht überdrehtes Aussteuern,

am Ende ist die Haltung wie vor Beginn des Schwunges, nur auf der entsprechend anderen Boardkante.

Abstrahiert kann man hier wiederum vier ausschlaggebende Elemente (Tools) herausstellen, die unterschiedlich bedeutend angewandt, entscheidend sind um einen Schwung vollziehen zu können:

„Körperdrehungen um die Körperlängsachse

Vertikalbewegungen

Gewichtsverlagerungen (in Boardlängsrichtung)

Kurvenlage und Kanten"

Dem Ansatz, diese beiden Techniken „Schwingen mit Beugen der Beine" und „Schwingen nach Vorausdrehen" miteinander von Beginn an zu kombinieren, ist zuzustimmen. Weshalb sollte auf das zunächst sehr hilfreiche Vorausdrehen verzichtet werden, wenn es nicht der Hochbewegung zu Beginn des Schwunges und dem anschließendem Beugen der Beine entgegenwirkt? Und weshalb sollte man auf eine Hochbewegung verzichten, wenn dadurch das Snowboard kurzfristig entlastet wird um so schneller drehen zu können bzw. das nachfolgende Tiefgehen eine Belastungsaufbau auf der Kante verursacht, was ein Steuern erleichtert?

Zudem sollte besonderer Wert auf eine Vorrotation, die die Knie mit einbezieht gelegt werden. Vergleichbar dem „Einwärtsdrehen" des kurvenäußeren Beines des PGS’s. Zum einen erzielt sie einen Drehimpuls, zum anderen wird automatisch eine Gewichtsverlagerung auf der gewünschten kurveninneren Kante erzeugt...(weiter im Buch)

 

Gemeinsamkeiten von Ski- und Snowboard-Techniken

Vergleicht man hierzu nochmals eine Kurzbeschreibung der Skitechnik PGS („Basisschwung Ski"), so werden verwandte Detailelemente sichtbar:

eine entspannte, nicht verkrampfte und bequeme Haltung („mittlere Position") mit leicht gebeugten Hüft-, Knie- und Sprunggelenken,

schulterbreite, parallele Skiführung,

Blick voraus,

Hochbewegung (vor-kurveneinwärts),

der Körper wird „etwas um seine Längsachse gedreht"126 (vorrotiert),

ein beiläufiges Setzen des Stockes auf der Kurveninnenseite,

Einnehmen der Kurvenlage,

Tiefgehen mit gleichzeitiger Einwärtsdrehung des Außenbeins,

Belastung überwiegend auf dem äußeren Bein,

die Arme sind angewinkelt und etwas seitlich ruhig vor dem Körper geführt,

Beine drehen,

Es ist festzustellen, dass die Kernelemente (Tools) bei beiden Sportarten identisch sind und selbst Detailelemente sich sehr ähneln.

Diese Auflistung erfasst allerdings nur die Basistechniken. Geht man nun davon aus, dass der geübte Skiläufer mehr als nur den „Parallelen Grundschwung" des Skilaufs beherrscht, so kommen noch zusätzliche Parallelen zum Vorschein...(weiter im Buch)